PKV- oder BU: Keine Versicherung mehr nach Corona?

Wie sehr erschwert eine zurückliegende Coronainfektion den Abschluss einer privaten Kranken­versicherung (PKV), einer Krankenzusatz­versicherung oder einer Berufsunfähigkeits­versicherung (BU)? Wie der Spiegel herausgefunden hat, könne eine zurückliegende Infektion zu Risikoaufschlägen führen oder sogar dazu, dass man gar keine Versicherung mehr nach Corona bekommt.1

Der Hintergrund: Versicherungen fragen routinemäßig den Gesundheitszustand der zu versichernden Person ab. Damit wollen sie das Risiko einschätzen, das sie eingehen, wenn sie die Person aufnehmen. Erscheint ihnen das Risiko aufgrund bestehender Vorerkrankungen zu groß, erheben sie gegebenenfalls einen Risikoaufschlag, schließen bestimmte Vorerkrankungen als Versicherungsgrund aus oder lehnen den/die Bewerber:in im Zweifelsfall sogar ganz ab. Laut Spiegel erkundigen Versicherer sich in dieser Gesundheitsprüfung immer häufiger, ob man schon einmal an Covid-19 erkrankt war.1

Versicherung nach Corona möglich: Aktuarvereinigung sieht keinen Grund für Ablehnung

Dr. Herbert Schneidemann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV), sieht in einer Coronaerkrankung per se jedoch keinen Grund für eine Ablehnung.2 Zwar habe das Statistische Bundesamt für die Jahre 2020 und 2021 leicht überdurchschnittliche Todesfallzahlen registriert, diese würden sich aber noch im Rahmen der bereits in den Verträgen berücksichtigten Schwankungsbreiten befinden. Bei der DAV ist man sich deshalb sicher, dass die Pandemie im nächsten Jahr keinen Einfluss haben werde auf die Beitragsgestaltung von Privater Kranken­versicherung oder Berufsunfähigkeits­versicherung 2 – ganz im Gegensatz übrigens zur gesetzlichen Kranken­versicherung, wo die Beiträge 2023 auf ein Rekordhoch steigen.

Wenig Gewissheit existiert hingegen, was die Auswirkungen von Long Covid betrifft. Einerseits seien bislang nur wenige Fälle bekannt, in denen Long Covid zu Berufsunfähigkeit geführt habe, und das häufig dort, wo bereits zuvor Vorerkrankungen existiert hätten, andererseits sei es für Prognosen noch zu früh, inwieweit sich Corona, Long Covid oder aber auch geänderte Arbeits- und Lebens­bedingungen langfristig in der Berufsunfähigkeits­versicherung niederschlagen werden.2 So erklärt sich, weshalb sich Versicherer in ihren Fragebögen nach einer zurückliegenden Coronainfektion erkundigen.

Long Covid: Diese Versicherungen kommen dafür auf

Long Covid ist noch immer wenig erforscht und wegen seiner vielfältigen Formen schwer greifbar. Eine aktuelle Studie listet 62 verschiedene Symptome auf, die in Folge einer Coronaerkrankung gehäuft bei Patient:innen auftraten. Zu den häufigsten Long Covid Symptomen zählen dauerhafte Ermüdung (Fatigue-Syndrom), Atemlosigkeit und kognitive Beeinträchtigungen.3 All dies sind Erkrankungen, die die berufliche Leistungsfähigkeit dauerhaft beeinträchtigen können und damit auch Jobsicherheit und Einkommen bedrohen.

Wer als Angestellte:r länger ausfällt, erhält zunächst für 6 Wochen Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber. Danach zahlt die Krankenkasse ein Krankengeld aus. Das ist jedoch auf 70 Prozent des Bruttogehalts gedeckelt und beträgt 2022 maximal 3.386,25 Euro brutto. Nur wer eine Krankentagegeld­versicherung abgeschlossen hat, vermeidet hier einen Verdienstausfall.

Schränkt Long Covid einen derart ein, dass man seinem Job für mindestens 6 Monate nicht mehr zu mindestens 50 Prozent nachgehen kann, springt die private Berufsunfähigkeits­versicherung ein. Vorausgesetzt, man hat eine abgeschlossen. Die gesetzliche Erwerbsminderungsrente greift nämlich erst ein, wenn man überhaupt keinen Job mehr für mindestens 3 Stunden täglich ausüben kann, und stellt auch lediglich eine Grundabsicherung dar. Es entsteht eine große Versorgungslücke.

Um diese zu schließen und seinen Lebensstandard zu sichern, sollte man daher zwingend eine Berufsunfähigkeits­versicherung abschließen. Zumal das Risiko, an Long Covid zu erkranken, nicht gering ist: Laut WHO betrifft Long Covid zehn bis zwanzig Prozent aller Corona-Erkrankten.3

Was ist, wenn man schon Corona hatte?

Wer bereits eine Berufsunfähigkeits­versicherung oder eine Private Kranken­versicherung abgeschlossen hat, muss sich keine Gedanken machen. Bereits abgeschlossene Versicherungen kommen für Corona-Folgen auf. Für eine Berufsunfähigkeits­versicherung spielt es auch gar keine Rolle, was die Ursachen sind. Wichtig ist nur, dass die Bedingungen erfüllt sind.

Bei jenen, die noch keine Versicherung abgeschlossen haben, komme es hingegen darauf an, wie lange die Infektion zurückliege und ob Langzeitfolgen aufgetreten seien, so Dr. Marco Adelt, Co-Founder und COO von CLARK bei Focus Online. Liege die Krankheit länger zurück und hätten sich keine Langzeitfolgen eingestellt, spreche nichts gegen eine Absicherung. Anders sehe es aus, wenn man sich erst kürzlich infiziert habe. Dann sei es besser, mit dem Abschluss zu warten, um langfristige gesundheitliche Folgen ausschließen zu können.

Wer erst kürzlich erkrankt ist, kann auf diese Weise auch etwaige Risikoaufschläge oder Ausschlüsse vermeiden.

Dr. Marco Adelt, COO und Co-Gründer von CLARK
Dr. Marco Adelt, COO und Co-Gründer von CLARK

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Quellen:

1 Spiegel Online: Was Corona für die Berufsunfähigkeits­­versicherung bedeutet. Abgerufen am 1.8.2022

2 Aktuar online: Coronaerkrankung per se kein Ablehnungsgrund für eine PKV- oder BU-Versicherung. Abgerufen am 1.8.2022

3 Frankfurter Rundschau: Long Covid: Studie listet 62 Symptome auf – Von Halluzinationen bis Tinnitus. Abgerufen am 1.8.2022